Politische Bildung – vom Bundestag direkt in den Sozialkundeunterricht

Donnerstagmittag, 7. Stunde Sozialkunde in der 10. Klasse am Evangelischen Ratsgymnasium. Schon vor dem Läuten der Schulglocke sitzen alle Schülerinnen und Schüler auf ihren Plätzen, mitten unter Ihnen auch Sozialkundelehrer Matthias Höfling.

Vor der Klasse steht heute ein besonderer Gast – die Vizepräsidentin des deutschen Bundestags Katrin Göring-Eckardt.

Laut Lehrplan behandeln die Schülerinnen und Schüler aktuell das Thema „Internationale Beziehungen“ und fanden hier eine unmittelbare Schnittmenge im Gespräch mit der Bundestagsabgeordneten. Als Gründungsmitglied des Demokratischen Aufbruchs in der DDR nahm sie die gesamte Klasse gedanklich mit auf die spannende Reise der Demokratisierung gesamtgesellschaftlicher Prozesse und deren Herausforderungen. Auch die Reiseberichte Göring-Eckardts – ab 2004 auf den Maidan-Platz in Kiew, dem Ausgangspunkt der „orangen Revolution“, bis hin zur heutigen Situation in der Ukraine – holten die Schülerinnen und Schüler thematisch im aktuellen politischen Weltgeschehen ab.

Die Fragen der Jugendlichen an die Bundespolitikerin waren hierbei vielfältig: Neben dem Umwelt- und Klimaschutz sind es besonders die Veränderungen im Bereich der demokratischen Umgangsformen, der gefühlten Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem Regierungshandeln und dem Erstarken rechtsextremer Weltanschauungen in Form der AfD, welche die Schülerinnen und Schüler beschäftigen. Viel zu schnell ging diese besonders intensive Schulstunde vorüber, führte aber auf beiden Seiten zu ähnlichen Erkenntnissen: Der Diskurs über unsere Demokratie bedarf des regelmäßigen Gesprächs. Die demokratische Willensbildung gehört zum Rüstzeug unserer freiheitlichen Gesellschaft und darf nicht durch politischen Dauerstreit und populistische Komplexitätsreduktion verlernt werden. Vor diesem Hintergrund gab die stellvertretende Bundestagspräsidentin den Schülerinnen und Schülern noch eine indirekte Bitte mit auf den Weg: „Es gehört zum Wesen der Demokratie, sich inhaltlich auch mit schwierigen Positionen auseinanderzusetzen und Hindernisse gemeinsam zu überwinden.“

Bereits seit 2012 gehört die politische Bildung und demokratische Erziehung von Kindern und Jugendlichen in Form eines eigenen Programms zu den Grundpfeilern der Evangelischen Schulstiftung. Dieses umfasst neben dem regulären Sozialkundeunterricht verschiedene außerschulische Projekte wie die Juniorwahlen, die Teilnahme an den Achava-Festspielen, Zeitzeugengespräche sowie Exkursionen zu und Veranstaltungen an historisch oder aktuell bedeutenden Orten. 

Ein lesenswerter Artikel von Prof. Dr. Michael Haspel zum Thema findet sich unter: 
https://www.uni-erfurt.de/forschung/aktuelles/forschungsblog-wortmelder/demokratiebildung-gegen-rechtspopulismus#jump