Unsere Schulgemeinschaften tragen uns

Das geistliche Leben führen unsere Schulen trotz Corona-Beschränkungen kreativ fort. Pfarrer und Schulseelsorger Heiko Ackermann stellt den Erfurter Schulgemeinschaften beispielsweise jeden Montag einen dreiminütigen Impuls zur Verfügung. Haben auch Sie Teil an seinen Gedanken und Wünschen für die kommende Zeit.

Liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich hoffe, dass alle schöne und erholsame Herbstferien hatten, auch wenn diese Ferien durch die Corona-Maßnahmen bestimmt wieder ganz anders waren, als alle Herbstferien bisher.
Ich selbst bin während der Ferien über eine kleine Erzählung „gestolpert“, die ich für die vor uns liegenden Novemberwochen mit all ihren Einschränkungen und Ungewissheiten im Umgang mit dem Corona-Virus sehr eindrücklich finde. Auf den ersten Blick handelt die Erzählung vom Leben nach dem Tod – von einem Blick in den Himmel und die Hölle. Auf den zweiten Blick hat die Geschichte jedoch viel mit unserem Umgang und gegenseitiger Rücksichtsname zu tun: 

Von Himmel und Hölle
Ein Mann bittet Gott darum, den Himmel und die Hölle sehen zu dürfen. 
Also führt Gott den Mann in einen großen Raum. Darin sitzen Menschen an einem langen Tisch, vor sich das herrlichste Essen: Fleisch, Kartoffeln, Nudeln, Soße und als Nachtisch Pudding, Kuchen und Eis und was man sich noch alles Leckeres vorstellen kann. Und trotzdem sehen die Menschen hungrig, blass, mager und elend aus. Denn die Stiele ihrer Löffel sind so lang, dass sie es nicht schaffen, die Löffel zu ihrem Mund zu führen. Sie können das herrliche Essen nicht in den Mund bringen. „Was für ein seltsamer Ort“, sagt der Mann. „Das“, antwortet Gott, „ist die Hölle.“

Daraufhin bittet der Mann Gott darum, nun auch noch den Himmel sehen zu dürfen. Gott führt den Mann in einen zweiten Raum, der genauso aussieht wie der erste. Wieder steht da ein langer Tisch, wieder gibt es köstliches Essen und wieder sitzen drum herum Menschen mit genauso langen Löffeln in der Hand. Aber die Menschen in dem zweiten Raum sind alle gut genährt, sie lachen, scherzen und sind glücklich. Denn anstatt zu versuchen, selbst mit den langen Löffeln zu essen, helfen sich die Menschen gegenseitig. Einer gibt dem anderen mit seinem langen Löffel zu essen. Und Gott sagt zu dem Mann: „Das ist der Himmel!“

Soweit die Erzählung. Was ich an ihr faszinierend finde ist, dass es kaum einen Unterschied zwischen Himmel und Hölle gibt. An beiden Orten ist ja fast alles gleich. Überall gibt es das gleiche leckere Essen, gibt es zum Nachtisch Pudding, Kuchen und Eis. Nur die Menschen handeln in den beiden Räumen ganz unterschiedlich: In dem einen Raum denkt jeder nur an sich, in dem anderen Raum hingegen wird sich gegenseitig geholfen, wird aufeinander Rücksicht genommen.

Für das Miteinander in den Räumen und Fluren unserer Stiftungsschulen würde ich mir genau dieses aufeinander Rücksicht nehmen wünschen. Ich bin mir sicher, dass der Glaube – den wir an unseren evangelischen Schulen leben – uns auch im November weiter tragen wird. Lasst uns, im Sinne der Erzählung „einander die Hände reichen“ und im Miteinander die zweite Corona-Welle meistern.

Ihr Heiko Ackermann