Lies mal wieder – Vorlesetag an unseren Stiftungsschulen

Ein typischer Freitag im November – Nieselregen, grauer Himmel und kürzer werdende Tage. 

Im morgendlichen Nebel steht das rote Backsteingebäude der Evangelischen Grundschule Erfurt da, erste Schülerinnen und Schüler kommen mit Vorfreude in die Klassenräume. Heute ist alles etwas anders, heute ist kein typischer Novemberfreitag – denn heute nehmen unsere Stiftungsschulen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wieder am bundesweiten Vorlesetag teil. Bereits seit 2004 gibt es den Vorlesetag schon. Beteiligten sich zu Beginn gerade einmal 1.900 Menschen, so nehmen mittlerweile über eine Million Vorleser, Unterstützerinnen und Schirmherren in ganz Deutschland daran teil.

Inzwischen sind die „Kiwis“, so heißt die Klasse von Schulleiterin Katharina Steeger-Freitag, mit gespannten Blicken in ihrem Klassenraum angekommen. In diesem Jahr haben sie sich einen besonderen Gast eingeladen und sind gespannt auf die vor ihnen liegende Geschichte. Pünktlich zum Unterrichtsbeginn kommt Stiftungsvorstand Marco Eberl zu den „Kiwis“, setzt sich in den vorbereiteten Lesekreis und liest aus dem Buch „Der Tag, an dem die Oma das Internet kaputt gemacht hat“. Neben dem Hören der Geschichte kommen die Schülerinnen und Schüler immer wieder mit ihrem persönlichen Vorleser ins Gespräch und berichten von eigenen Erfahrungen. So berichten sie zum Beispiel, dass ihre Großmütter total fit im Internet sind und sogar Videoanrufe machen oder sie gern selbst manchmal schon Handys wie ihre größeren Geschwister hätten. Aber die Kinder beschreiben auch wie schön es ist, wenn sich Eltern und Freunde „offline“ Zeit füreinander nehmen. Gemeinsame Erfahrungen machen, Erlebnisse in der Natur teilen und Erinnerungen im Kopf und nicht in der Fotomediathek abspeichern. So wie der Vorlesetag auch. Ganz analog und direkt, gemeinsame Zeit verbringen und ins Gespräch kommen.

Nach einer guten Stunde muss Marco Eberl zum nächsten Termin, auch wenn er ganz offensichtlich noch gern etwas mehr Zeit für die vielen Fragen und Geschichten der Kinder zur Verfügung gehabt hätte. Doch auch nächstes Jahr wird es wieder einen Vorlesetag geben, so viel ist sicher.

Für die Einrichtungen der Evangelischen Schulstiftung gehört die Entwicklung der Lesekompetenz zu den zentralen Elementen aller Grundschulkonzepte. Das Vorlesen übt hierbei eine Faszination aus, die sowohl kognitiv als auch sozial und emotional die Entwicklung der Kinder positiv beeinflussen und über die Geschichten Zugänge zur Welt vermitteln kann. In gewisser Weise spiegelt sich darin auch die reformatorische Wertschätzung des gesprochenen und geschriebenen Wortes wider. Diese Erkenntnis hatte auch Martin Luther vor über 500 Jahren, weshalb er in seinem Schreiben an die Ratsherren zur Gründung von allgemeinbildenden Schulen für die breite Bevölkerung aufrief. In dieser Tradition sind zahlreiche Schulen in Deutschland entstanden und lassen, wie beispielsweise das Evangelische Ratsgymnasium in Erfurt, teilweise noch heute ihren Ursprung im Namen erkennen.

„Unsere Schulen schneiden bei allen Vergleichstests der letzten Jahre in der Lesekompetenz besonders gut ab. Das freut uns als Trägerin und motiviert die Kollegien, das hohe Niveau zu halten. Texterfassen und Textverstehen sind Grundvoraussetzungen für alle weiteren Lernprozesse im schulischen Leben“, sagte Marco Eberl und ergänzt: „Vielleicht ist es tatsächlich so, wie manche Wissenschaftler vermuten: Evangelische Schulen sind durch die stark an Wort und Schrift orientierte evangelische Konfession traditionell sehr stark in diesem Kompetenzbereich. Und wenn dies in der Grundschule gut gelingt, schreibt sich der gute Start in der Bildungskarriere natürlich fort.“ 

Wir danken allen Vorleserinnen und Vorlesern an den Schulen für diesen bunten und abwechslungsreichen Tag!